Höhenflüge und Abstürze auf Traumtrails in Graubünden

Im Sommer scheint' d’Sonne, im Winter da schneit’s
In der Schweiz, in der Schweiz, in der Schweiz
Die Mädchen, die sind von besonderem Reiz
In der Schweiz, in der Schweiz, in der Schweiz

… mit diesen Worten startete im Herbst 2012 die Suche nach einer schönen Alpentour im darauf folgenden Sommer. Nach den guten Erfahrungen mit Fahrtwind, wurde auch diesmal beschlossen die Organisation der Tour in die erfahrenen Hände des Veranstalters zu legen. Auf der Homepage wurde man dann auch recht schnell fündig: Graubünden, eine 4-tägige Rundreise um Davos auf unvergesslichen alten Pfaden. Die Begeisterung und Aufregung war groß. Nachdem Dirk und ich 2009 schon einmal in Graubünden waren und die Schutzgemeinschaft „Rettet den Wachtelkönig“ gegründet hatten, sollte ich jetzt möglicherweise dieses possierliche Tierchen in seinem geschützten Habitat sehen können. Aber auch die anderen Memmen waren froh, endlich wieder einen Ansporn für lange und harte Trainingsfahrten zu haben. So stellten sich folgende Memmen der großen Herausforderung:

Oli, Steffen, Andreas, Karl, Jens, Schlotti und Christian

Und da war dann auch mein Problem. Wo waren all die Freunde, die mit mir den Schluss des Peloton bildeten? Wo waren die Vernunftsfahrer, die die Anstiege mit moderatem Tempo und kleineren Fotopausen angingen? Niemand kam mit – allein und verlassen stand ich vor der Herausforderung. Schon hörte ich die ersten Stimmen, dass im Frühling der Trainingsumfang deutlich gesteigert werden muss. Und tatsächlich, in den Monaten vor der Tour wurde das Training immer weiter verschärft. Karl schaffte es sogar, dass sich bei mir während der Abfahrt von Lambertskreuz Seitenstechen einstellte. Oli machte fehlende Trainingskilometer mit ausgedehnten Wochenendtouren wett. Andreas nahm sich unter der Woche Zeit und radelte zum Eckkopf, Weinbiet, Lambertskreuz. Schlotti dagegen führte eine besondere Form des Krafttraining ein. Er grub sich maulwurfsgleich durch seinen Vorgarten, sammelte aber kaum Kilometer, dafür aber Kraft. Jens versuchte es mit Kinderanhänger und Gegenwind in Holland. Auch das sollte die Waden und die Kondition stärken. Mir dagegen blieb nur die letzte Möglichkeit offen: Reduktion. Mit dieser Methode sich nur auf das nötigste zu fokussieren purzelten die Pfunde und stieg die Kondition. Und so standen alle Memmen doch ganz gut im Saft, auch wenn der ein oder andere so seine Bedenken hatte.

 

Tag 1: Rund um Davos

04:15 Uhr, der Wecker klingelt. Nach einer unruhigen Nacht springe ich aufgeregt aus dem Bett. Es geht los. Am Vortag wurden die Bikes in den Bus geladen, kurz nach 5 Uhr will Oli mich abholen. Schnell ins Bad, Kaffee, Müsli – heute nachmittag wird schließlich noch gefahren. Laut Plan stehen 31 km und 900 Hm an. Da muss die Ernährung stimmen. 05:10 Uhr: Ich sehe die Scheinwerfer von Olis Wagen. Er hat gottlob auch nicht verschlafen. Es geht los. Die Fahrt nach Davos verläuft recht zügig. Mit NDW Hits (wer kennt noch Fräulein Menkes „Hohe Berge“!?) stimmen wir uns auf unsere Tour ein. Gegen 11 Uhr erreichen wir Davos. Schnell werden die Koffer ins Hotelzimmer geschafft und die Bikes startklar gemacht. Glücklicherweise hat auch der Wettergott ein Einsehen. Die Wetterprognose wurde von Tag zu Tag besser. Bei nun strahlendem Sonnenschein nahmen wir unser Mittagsmahl im Hof vor dem Hotel ein. Bier, Laugenstange, Wienerle und einen Ranken Käse – so sieht ein Sportleressen kurz vor Tourstart aus. Jetzt trafen wir auch auf unsere Mitfahrer aus Mainz. Thomas, Axel und Dietmar, eine nette und sympathische Gruppe. Kurze Zeit später stieß dann Bikeguide Michi zu uns. Da der ursprünglich geplante Fahrtwind-Guide verletzt im Krankenhaus lag, sollte er unsere Tour bis Lenzerheide führen. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde überraschte uns Michi mit dem Angebot die ersten Höhenmeter nicht per Bike, sondern via Technik, sprich mit der Gondel zurückzulegen. Er sprach von tollen Singletrails die wir erfahren könnten und, wenn wir das wollten, sowohl auf der Nord- als auch auf der Südseite von Davos. Das klang genau nach unserem Geschmack. Locker hoch, schöne Trails und zum Abschluss einen tollen Downhill, und das Ganze gleich zweimal.

Von Davos (1560 m) ging es also mit der Parsennbahn hoch zum Weisfluhjoch. An der Mittelstation (2219 m) stiegen wir aus. Die ersten 660 Hm waren recht locker gemeistert. Wer aber glaubte dass es ab jetzt nur noch abwärts ging wurde schnell eines Besseren belehrt. Michi hetzte uns gleich mal eine gut 20%-ige Rampe aus groben Schotter hinauf. Dick eingepackt wie wir waren floss schon nach wenigen Minuten der Schweiß in Strömen. Wir folgten nach diesem giftigen Anstieg dem Panoramaweg (Nr. 48) in Richtung Strelapass. Der Trail bestand zum Großteil aus grobem Schotter und führte uns in kurzen Anstiegen und Abfahrten immer am Abrund entlang. Wir konnten die ganze Zeit Davos direkt unter uns sehen. Aber da der Trail nur knapp Handtuchbreit war, konnten wir die Aussicht eigentlich gar nich so gut genießen. Vom Strelapass (2352 m) fuhren wir weiter über die Strelaalp (1921 m) hinab nach Davos. Auf diesem steilen Downhill zeigte sich, dass auch die Abfahrt im Schotter geübt sein will. Während Jens direkt vor mir in einer steilen Senke sein Vorderrad zum blockieren brachte, über den Lenker abstieg und sich das Schienbein leicht verkratzte, rutschte Axel mit seinem Bike bei höherem Tempo ab und zog sich eine mächtige Abschürfung am Arm zu. Doch wir Biker sind hart im Nehmen. Geheule und Gejammere kam über keine Lippen.

Die versprochene zweite Runde um Davos führte uns dann zum Rinerhorn. Schnell ging es von Davos (immer noch 1560 m) nach Glaris (1454 m) und mit der Rinerhornbahn hoch zum Rinerhorn (2054 m). Hier zeigte sich eine ganz andere Tektonik. War die erste Runde geprägt von groben Schotter, fühlten wir uns hier direkt heimisch. Waldboden gespickt mit Obstakles wie Wurzel und Stufen herrschten vor. Auf schmalen, schier endlosen Trails ging es über Stock und Stein hinab zum Heldboden (1570 m). Dort kehrten wir ein und genossen in der Nachmittagsonne ein Kübel Bier. Direkt nach der Pause verschluckte uns gleich wieder der Trail und es ging auf schmalen Wurzelpfaden über Clavadel (1664 m) hinunter nach Davos. Mit glühenden Bremsen erreichten wir unser Hotel. Ein erster Traum-Trail-Tag ging zu Ende.

Tourdaten:

Davos: 1560 m, 12:30 Uhr, sonnig, 23°C

2212 m hoch (davon 659 m Parsennenbahn und 600 m Rinerhornbahn), 953 m hoch gefahren, 2212 m runter

57,77 km, -Geschw. 16,8 km/h, max. 69,0 km/h

Davos: 1560 m, 18:00 Uhr, leicht bewölkt, 20°C

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Tag 2: Davos – Lenzerheide

Schon früh waren wir wach. Am Frühstückstisch klagten die ersten Memmen, dass sie sich trotz der gestrigen Gondelfahrten recht platt fühlten. Die Trails waren ja auch extrem anstrengend. Aber nach einem reichhaltigen Frühstück waren die Sorgen fast schon vergessen. Guide Michi, unsere Vorlieben für leichte Aufstiege kennend, machte uns den Vorschlag auch heute den ersten Aufstieg zum Rinnerhorn per Gondel zu nehmen. Dieser Vorschlag wurde mit großem Beifall aufgenommen. Bei schönstem Sonnenschein, aber auch bei frischen 7°C rollten wir den bekannten Weg von Davos (1560 m) nach Glaris (1454 m). Schnell waren die 5 Franken für die Bikemitnahme bezahlt und auch bei Schlotti zeigte sich der Lernerfolg. Wollte er am Vortag dem Bahnwärter noch sein Bike rückwärts anreichen und wurde in scharfem Ton darauf hingewiesen, dass das Velo in Fahrtrichtung durch die Öffnung zu schieben sei, so machte er es heute richtig und wurde dafür mit einem wohlwollenden Kopfnicken bedacht. Karl dagegen beging eine fatalen Anfängerfehler. Er ließ sich von Steffen ablenken und vergaß seine Satteltasche, was ihn am Abend ob der Verzögerung der Abfahrt eine Runde Bier hätte kosten sollen. Aber irgendwann waren alle Memmen zusammen mit ihrem Equipment komplett am Start und es konnte los gehen. Die Reihenfolge auf den Trails war nahezu immer gleich. Guide Michi voraus, direkt dahinter Andreas mit einem Abstand von wenigen Zentimetern. Er wollte unbedingt von einem echten Crack die Linienwahl auf schwierigem Terrain lernen. Nach Andreas fand sich Karl, Schlotti, Oli, Steffen, Thomas, Axel und Dietmar ein. Den Abschluss bildete gewöhnlich Jens und ich. Wie schon am Vortag war sich die Streckenwahl perfekt. Wir folgten einem Waldtrail, der maximal handtuchbreit war über Wurzeln und Felsblöcke, durch kleine Bäche und Schlammlöcher zur Hauderalp (2030 m). Ein absoluter Traumtrail. Auf der Hauderalp machten wir unsere erste Pause und genossen die strahlende Sonne. Gottlob hatte ich noch auf Anraten meiner besseren Hälfte die Sonnencreme eingepackt. Sie war absolut nötig. Nach der Pause machten wir uns in altbekannter Reihenfolge wieder auf den Weg. Das Trailglück ging genauso weiter. Im Adrenalinrausch um die Ecke, durch einen kleinen Bach, wieder eine scharfe Kurve und mit Vollgas weiter… doch was war das? Die ganze Gruppe stand. Defekt? Gegenverkehr? Nein, Karl war gestürzt. An einer scheinbar völlig harmlosen Stelle, verglichen mit den kniffligen Ecken vorher, rutschte er mit dem Vorderrad weg und knallte voll auf die Schulter. Mit schmerzverzerrtem Gesicht stand er da und irgendwie war allen klar, hier geht wahrscheinlich nichts mehr. Nach unserer Prognose war die Schulter bzw. das Schlüsselbein verletzt. So glücklich wir eben noch durch den Trail gesaust waren, so deprimiert schoben wir Karls Bike über den Trail zur Oberalp (1913 m). Michi hatte sofort die Bergrettung alarmiert und einen Arzt angefordert. Ihm wurde mitgeteilt, dass es nicht möglich sei den Krankenwagen zu schicken. Stattdessen sollte der Helikopter kommen um unseren Freund abzuholen. Schon wenige Minuten später kam er dann auch eingeschwebt. Karl ging mit hängendem Kopf zum Hubschrauber und er wurde direkt nach Davos ins Krankenhaus geflogen. Dort diagnostizierte man einen komplizierten Schlüsselbeinbruch, der noch am selben Tag operiert wurde. Unsere Stimmung war auf dem Nullpunkt. Ohne Karl ging es dann weiter. Wir erreichten Monstein (1626 m) und kamen an der höchsten Brauerei Europas vorbei. Da gerade Mittagszeit war, verordnete Michi uns erst einmal eine Mittagspause um das erlebte verarbeiten zu können. Doch irgendwie war jetzt der Wurm drin. Noch in Monstein führte unser Weg eine steile Wiese hinunter. Der Weg war nur maximal 50 cm breit, bestand aus Schotter und war sausteil. Plötzlich beschloss Axel genau hier eine Abkürzung zu versuchen. Unerschrocken fuhr er vom Weg in die Wiese und schaffte es sich gut 10 m weit in der Falllinie auf dem Rad zu halten, bevor er über den Lenker ging und kopfüber noch weitere 10 m den Hang hinab rutschte. Passiert war ihm nichts – die Wiese war laut seiner Aussage recht weich und angenehm. Von Monstein aus ging es wieder hinunter und wir folgten der alten Zügestrasse Richtung Wiesen, Filisur, Alvaneu bis Tiefencastel. Dieser Weg war wieder komplett anders. Wir rauschten direkt neben einem Bachlauf durch enge Schluchten, die immer wieder mit mächtigen und hohen Viadukten überbrückt wurden. Unglaublich, hier fuhren tatsächlich Züge. Eine imposante Kulisse. So etwas hatte ich bisher noch nicht gesehen. Der Weg selbst war ein einfacher Fahrweg aus Sand, Kies und Schotter. Auch hier mussten zahlreiche Rinnsale durchquert werden. Mit Highspeed jagten wir über diese Wege. Da beschloss Steffen sich die Natur einmal etwas genauer anzusehen. Er schoss in einer Schotterrinne einen Abhang hinunter und wollte einer Matschpfütze in der Senke ausweichen. Leider hatte er nicht bedacht, dass die Rinne doch tiefer war. So kam es, dass auch er sich direkt in Dickicht ablegte. Zum Glück passierte auch ihm nichts. Nach dem Soliser Viadukt war dann Schluss mit lustig. Der finale Aufstieg nach Lenzerheide lag vor uns. Die gut 500 Höhenmeter waren dank unseres optimalen Trainingszustandes schnell gepackt und nachdem wir ein letztes Kuhgatter durchschritten hatten, begrüßte uns Michi mit den Worten: „Willkommen auf der Lenzerheide!“. Wir waren auf einem Plateau angekommen welches schöner nicht sein konnte. Die Sonne strahlte am blauen Himmel, der Weg verlief in leichten Hügeln weiter. Man konnte sehen, dass hier sogar die Bäume Sonnenbrand hatten. Auf der Südseite war die Rinde deutlich dunkelbraun gefärbt. Mitten auf dem Plateau konnte man plötzlich zwischen den Bäumen sattes Grün sehen. Ein Golfplatz war hier in diesem mondänen Sportort angelegt worden. Total irreal blitzte nun das Green durch die Bäume. Schon wenige Minuten später erreichten wir unser Hotel. Schnell waren die Bikes verstaut und das erste Bier wurde noch in der untergehenden Sonne auf der Terrasse eingenommen. Anschließend einen kurzen Besuch in der Sauna, und schon war man bereit für den Abend.

Tourdaten:

Davos: 1560 m, 09:30 Uhr, sonnig, 7°C

1841 m hoch (davon 600 m Rinerhornbahn), 1241 m hoch gefahren, 1875 m runter

54,01 km, -Geschw. 14,1 km/h, max. 49,4 km/h

Lenzerheide: 1505 m, 17:00 Uhr, sonnig, 19°C

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Tag 3: Lenzerheide – Heimeli-Hütte

Am dritten Tag wechselte unser Guide. Michi übergab den Staffelstab an Johannes. Unser neuer Bikeguide versammelte dann die Gruppe vor der Abfahrt auf dem Parkplatz und nach einer kurzen technischen Überprüfung der Bikes, sowie einer Beschreibung der Tour konnte es losgehen. Heute stand die Königsetappe auf dem Programm. 1850 Höhenmeter sollten bewältigt werden. Völlig unverständlicherweise wurde von einzelnen (Namen bei Autor dieses Berichts erfragbar) nach der Möglichkeit einer Gondelfahrt angefragt. Kalt lächelnd gab Johannes jedoch zu verstehen, dass dieser Luxus ab jetzt nicht mehr möglich sei. Angst konnte man in einigen Augen sehen. Aber nicht lange geweint, sofort ging es aufs Bike und von Lenzerheide (1505 m) führte uns unser Weg über Valbella (1500 m) und Parpan (1511 m) den Chötzenbergweg (Nr. 605) hinauf zur Jochalp (2020 m). Um uns ein wenig Extramotivation zu geben versprach Johannes auf der Jochalp eine Kaffeepause einzulegen. Durch den leckeren Kaffee gestärkt ging es weiter zur Ochsenalp (1862 m). Dort machten wir unsere Mittagsrast. Bei Rösti mit Spiegelei wurden die Glycogenspeicher erfolgreich wieder aufgefüllt. Mittlerweile brannte die Sonne mit allem was sie hatte am Himmel. Der Thermometer in der Sonne zeigte 38°C an. So konnte es endlos weitergehen! Von der Ochsenalp ging es weiter vorbei an der Sennerei Maran (1862 m) hinunter nach Arosa (1775 m). Sehr überrascht waren wir, dass Johannes dort extra für uns eine Oldtimer-Rallye veranstaltet hatte. Porsche 911 Turbo, Lancia Stratos, BMW 2002, lauter alte Autos, der Traum aus unserer Kindheit waren hier zu bestaunen. Nach einer Besichtigung des Fahrerlagers und einer kurzen Pause an der Rennstrecke, beschlossen wir das letzte Teilstück in Angriff zu nehmen. Von Arosa führte unser Weg allerdings erst noch ziemlich weit bergab nach Langwies (1377 m). Ab hier sollte der letzte Aufstieg zur Heimeli Hütte beginnen. Und so quälten wir uns die Schotterstrasse hinauf nach Sapün. Leider bemerkten wir, dass die Häuser, welche wir am Horizont sahen, eben nicht die angestrebte Heimeli Hütte waren. Nach Sapün baute sich vor uns eine enorme Rampe auf die es erst zu meistern galt. Aber auch dieses Problem wurde genommen und im Lichte der untergehenden Sonne erreichten wir die urige Heimeli Hütte. Selbstredend, dass der erste Kübel Bier direkt auf der Terrasse getrunken wurde. Die hübsche Bedienung, der tolle Sonnenuntergang und die gemeisterte Etappe zauberten uns ein permanentes Grinsen ins Gesicht. Obwohl der ein oder andere bei der Speisenauswahl am Abend etwas unzufrieden war, nach der Schnapsrunde auf Kosten des Hauses und nach weiteren Kübel Bier genoss eigentlich jeder den Tag. Ein kleiner Schatten lag aber dennoch auf unserer Seele. Laut Wettervorhersage sollte es am nächsten Tag regnen. Sonnenscheindauer 0 Stunden zeigte die Prognose an. Aber wenigstens sollte der Regen gegen Mittag nachlassen. So hofften wir auf das Beste und beschlossen notfalls etwas später am nächsten Tag zu starten. Ein klitzekleines Detail sei an dieser Stelle nicht verschwiegen. So urig die Hütte auch war, so lecker das Essen schmeckte, so hellhörig war das Nachtlager. Andreas, der am Abend noch voller Vorfreude uns mitteilte, dass er hier mit seiner Holden den 10. Hochzeitstag verbringen wolle, machte am nächsten Morgen zerknirscht einen Rückzieher. Sobald der erste nachts dem Harndrang nachgegangen war, tobte die Hütte. Das Knarren der Diele, das Quietschen der Türen, all das weckte die Schlafenden auf und trieb sie aus ihren Betten. Sobald aber wieder Ruhe eingekehrt war, fielen wir in den verdienten Schlaf.

Tourdaten:

Lenzerheide: 1505 m, 09:00 Uhr, sonnig, 10°C

1936 m hoch, 1598 m runter

51,22 km, -Geschw. 11,1 km/h, max. 53,4 km/h

Heimeli Hütte: 1831 m, 17:30 Uhr, sonnig, 20°C

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Tag 4: Heimeli – Davos

In der Nacht kam der vorhergesagte Regen. Aber überraschenderweise hörte er auch wieder auf. Als wir noch müde am Frühstückstisch saßen und unser Tagwerk am Horizont vor uns liegen sahen, waren die Regenwolken verschwunden. Die Stimmung hellte sich direkt auf. Schnell waren die Koffer gepackt und die Bikes aus dem Schuppen geholt. Bei frischen 9°C ging es los. Kalt war uns nur kurze Zeit. Der Weg führte direkt hinter der Hütte steil hinauf, zu meinem Entsetzen nicht über den weitaus weniger hohen Bergsattel vor mir, sondern über den imposanten Anstieg quer durch die Felsen. 30 min Tragezeit stand in der Tourenbeschreibung, mir wurde schwummerig. Nun gut, am Vortag wurde mit einem Bier in der Hand beschlossen, wenigstens bis zu dem ersten Schild zu fahren, und, wenn möglich, noch die nächste Kurve zu nehmen. Das Warmfahren war wie gesagt nach ca. 20 m beendet und die Steigung begann. Wir passierten das Schild, nahmen die nächste Kurve und die Mehrheit stieg ab. Die Steigung an dieser Rampe war gute 25%. Das war dann doch in dem Schotter mit dicken Klamotten zu viel. Schon jetzt rann uns der Schweiß über den ganzen Körper. An der ersten möglichen Kreuzung bogen wir in den Schanfigger Höhenweg ab. Jetzt war die Felswand direkt vor uns. Johannes zeigte uns, wie das Bike fachmännisch auf dem Rucksack liegend nach oben getragen werden konnte.  Die nächste Stunde verbrachten wir nun damit keuchend unser Bike auf dem Rücken tragend den Berg hochzuwuchten. Mit hochroten Köpfen kamen wir dann am Strelapass (2352 m) an. In der Schatzalp gönnten wir uns erst einmal einen Kaffee, bevor die Tour weiterging.  Wir folgten dem Panoramaweg (Nr. 48) den wir am ersten Tag schon einmal gefahren waren, nur in die Gegenrichtung. Der Weg war auch diesmal eine echte Herausforderung. Maximal 1 m breit verlief der Trail direkt am Abgrund entlang. Im Gegensatz zum ersten Tag schien aber heute nicht die Sonne. Wir fuhren direkt durch Wolkenschwaden wobei die Sicht nur wenige Meter betrug. Kam man aus der Wolke heraus, konnte man zum Teil erste Sonnenstrahlen sehen. Das Wetter klarte sich im weiteren Verlauf immer mehr auf. Bei mittlerweile leichtem Sonnenschein kamen wir an der Parsennhütte an. Unser Mittagsessen nahmen wir in der Sonne ein. Nach dieser letzten Pause ging es auf der Abfahrt (Nr. 68) zurück nach Wolfgang (1631 m) und weiter nach Davos (1560 m). Wir hatten es geschafft. Die Tour war beendet.

Tourdaten:

Heimeli Hütte: 1831 m, 09:15 Uhr, nass, 9°C

937 m hoch (davon 300 m getragen), 1106 m runter

28,12 km, -Geschw. 12,0 km/h, max. 60,8 km/h

Davos: 1560 m, 14:45 Uhr, sonnig, 10°C

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Fazit:

Graubünden ist ein Traum-Bikerevier. Ich habe noch nie so lange und so schöne Trails gesehen. Teilweise waren meine Finger vom Bremsen so verkrampft, dass ich sie kaum gerade gebracht habe. Ich denke es war für uns ein großes Glück einheimische Bikeguides bekommen zu haben. Michi und Johannes kannten wirklich jeden Trail und haben uns ihr Bikerevier wirklich näher gebracht. Ich denke ich werde in jedem Fall nochmal hierher kommen um dieses Bikegebiet nochmals zu erleben.

Leider mussten wir auch einen schweren Sturz miterleben. Tragisch ist, dass der Sturz an einer an und für sich einfachen Stelle passierte. Es sollte uns allen aber zeigen, dass man nicht nur in den kniffeligen Ecken und Schlüsselstellen voll konzentriert sein muss, sondern auch auf vermeindlich einfachen Abschnitten. Eventuell muss man überlegen, ob das Tempo der ersten beiden Tagen nicht doch zu hoch war. Eine Zeit zum Erholen war fast nicht gegeben. Hier muss man einfach in sich selbst reinhören und notfalls etwas Dampf rausnehmen.

Mittlerweile geht es Karl schon wieder recht gut. Laut Aussage von Oli, kann er den Arm schon wieder bis zur Waagrechten anheben. Ich hoffe, dass der Genesungsfortschritt zügig weitergeht. Ich möchte auf keinen Fall bei den nächsten Touren auf Karl verzichten.

Zum Abschluss möchte ich sagen, dass auch unsere 3 Mitstreiter aus Mainz super nette Kumpels waren. Ich hoffe, dass wir uns irgendwann mal wieder bei einer Tour sehen. Ich wünsch Euch auf jeden Fall weiterhin viel Spaß.

Ganz am Ende sei zu erwähnen, dass es mir leider nicht gelungen ist einen Wachtelkönig in freier Wildbahn zu sehen. Ich werde für seinen Schutz weiterhin eintreten. Irgendwann begegnen wir uns, der Wachtelkönig und ich.

 

Hier noch die Adressen unserer Bikeguides:

Michi: www.bikeschule.com

Johannes: www.viamalasportwerkstatt.ch

 

Viele Grüsse, Kette rechts

Christian