Es war ein milder Spätsommertag. Die Memmen saßen montags – wie fast immer – bei einem Weizenbier in der lauen Abenddämmerung zusammen. Da stellte Michael die Frage: „Wann machen wir eigentlich unsere Glühweintour?

Schnell waren diverse elektronische Helferlein (Blackberry, HP iPaq usw.) gezückt und das Datum sogleich fixiert. Doch schon einige Monate später meldeten sich die ersten Zweifler. Der lange zuvor ausgemachte Termin passte plötzlich bei Memme Oli (ja, ja, die Arbeit, und die Frauen zu Hause) und bei Memme Joggel (och je, Spinning-Vertretung geben, Musik-CD erstellen) nicht mehr. Spontan wurde im kleinen Kreis demokratisch abgestimmt und beschlossen den Termin zu verlegen. Ein eisiger Wind rauschte durch die Gemeinschaft der Memmen, als diesmal wenigstens rechtzeitig die Terminänderung bekannt gegeben wurde. Leider wurden durch die Terminänderungen die Memmen Dirk und Lottel ausgeschmiert. Ja das passiert halt, wenn man seine Termine nicht im Griff hat dachten sich die übrigen Memmen. Schade, es passiert äußerst selten, dass Memmen ihre Freunde so ausschmieren. Jedenfalls war Andreas diesmal dabei. Wie dem auch sei, im Nachhinein betrachtet erwies sich die Terminänderung als recht gut. Die Woche zuvor zeigte das Thermometer frische -15°C. 

Montag, der 28.12.2009: Bei glühweintauglichen Temperaturen um den Gefrierpunkt, Windstille und arktischer Trockenheit fand sich eine recht ansehnliche Schar an Memmen am Bahnhof Limburgerhof ein. Dick eingepackt im neuesten und funktionellsten Kälteschutzequipment sah man die modernen Gladiatoren schwatzend zusammen stehen. Jeder schützte sich auf seine Art vor der bitteren Kälte: 

  •  Joggel: wie immer mit Schuhheizung
  • Steffen: warme Füße dank Winterschuh und Thermosocken
  • Oli: perfektes Styling durch gekonnte Farbwahl
  • Bernd: Thermohandschuhe die jedem Himalaya-Bergsteiger helfen würden
  • Andreas: Katzenfell und mindestens 3 Unterhemden
  • Steffen N: Gore-Komplett-Vollausstattung
  • Michael: modischer Zwiebel-Look
  • Jens: noch modischere Ohrwärmer
  • Christian: Handwärmkissen für klamme Finger

Nachdem das Problem des Ticketkaufs gelöst war nahmen wir den Zug in Richtung Neustadt. Perfekt geplant stieg Memme Andreas in Schifferstadt rechtzeitig zu. Komplett erreichten wir Neustadt, wo wir wohlgelaunt unsere Bikes bestiegen. In zügigem Tempo durchquerten wir die Stadt. Zeit den Foto vernünftig zu verpacken blieb da natürlich nicht.

Doch schon am ersten Anstieg änderte sich das schlagartig. Im hinteren Teil des Feldes ertönte ein lautes, metallisches Krachen. Das Unheil verkündende Geräusch lies uns jedoch kalt. Unbeirrt radelten wir weiter. Doch schon nach kurzer Zeit fand Steffen N die Muse und Luft und berichtete uns mit keuchender Stimme, dass Bernd wohl ein Problem habe. Bei der ersten steilen Rampe verließen Bernd zuerst die Kräfte und dann infolge eines missglückten Schaltvorgangs auch die Kette ihren eigentlichen Arbeitsplatz. Ein schöner Kettenklemmer am hinteren Rad war die Folge. Glücklicherweise sind wir Memmen nicht nur technisch äußerst beschlagen, sondern auch von einer großen Hilfsbereitschaft. Sofort eilten wir zu unserem unglücklichen Kameraden zurück. Nicht zu spät, wurden wir doch schon mit einem verzweifelten und gleichzeitig hilfesuchenden Blick empfangen. Sofort wurde die Schadensbehebung koordiniert. Es wurde ein Arbeitsausschuss gebildet, der zunächst das Problem genauestens analysierte. Übereinstimmend kam man zu dem Ergebnis, dass die Kette nicht zwischen großem Ritzel und Rahmen liegen darf. Die blitzgescheite Lösung lautete daher: Die Kette muss da raus. Die Memmen Joggel, Steffen und Andreas wurden ausgewählt die Reparatur auszuführen. Die restlichen Memmen standen mit viel Rat und wenig Tat hilfreich zur Seite. Die Idee alle Speichen am Hinterrad zu entfernen wurde ebenso verworfen wie der pfiffige Vorschlag die Kette einfach aufnieten. Schließlich gelang es Andreas und Joggel die Kette mittels eines Reifenhebers aus der misslichen Lage heraus zu hebeln. Glücklich übernahm Bernd sein jetzt wieder einsatzbereites Bike und die Fahrt konnte weitergehen. Doch schon kurze Zeit später zeigte sich ein weiteres Problem. Der Trial zum Weinbiet glich durch die Schneefälle und den eisigen Temperaturen eher einer Bobbahn denn einem Fußweg. Die Vernunft siegte schließlich und wir beschlossen den Fahrweg zum Weinbiet zu nehmen. Hier waren wenigstens zwei Spuren durch die hinauffahrenden Fahrzeuge weitestgehend schnee- und eisfrei. Mit hochroten Köpfen kämpften wir uns in unserer Thermokleidung nach oben und zwangen unsere Funktionskleidung zu Höchstleistungen. Mit zunehmender Höhe war der Weg jedoch immer mehr von Schnee und Eis bedeckt. Da plötzlich – eine Schneewolke! War es plötzlich einsetzender Schneefall? Nein, Steffen N warf sich von seinem Bike in den Schnee. Waren etwa die Poren seiner Gore-Funktionsjacke verstopft und dadurch der Feuchtigkeitstransport nach außen gehemmt, was zur Folge hatte, dass sich sein feuchtigkeitsregulierendes Unterhemd mit mehreren Litern Schweiß vollgesaugt hatte und dadurch so an Gewicht und Volumen zunahm, so dass der arme Kerl unmöglich das Gleichgewicht halten konnte? Oder war Steffen N von wildromantischen Gefühlen an seine Kindheit übermannt worden und wollte nur einen tollen Schneeengel auf den Boden zaubern? Wir wussten es nicht. Bernd war dadurch jedoch dermaßen verunsichert, dass er die letzten, zugegebenermaßen ziemlich vereisten Meter zum Weinbiet hoch zu Fuß absolvierte. Ein Schelm wer da an Kondtionsprobleme denkt. Auf jeden Fall erreichten die Memmen dann gesund und komplett die erste Verpflegungsstation. Doch die sozialisierte Ankunft ist einer richtigen Memme fremd. Während die ersten Bikes schön abgeschlossen und angekettet an der Hausmauer lehnten und die stolzen Biker schon mal ins Warme vorgegangen waren, konnten die Nachzügler ihre Bikes nur noch unverschlossen an den Bikehaufen lehnen und darauf hoffen, dass sich niemand das edle Teil schnappt. Recht schnell glich der Schankraum der Herberge dann einer Umkleidekabine eines Fußballvereins. Überall wurden halbnackte Männer gesichtet, die sich aus ihren funktionalen, atmungsaktiven und feucht-warmen Klamotten quälten und sich trockene Leibchen anlegten. Die nassen Jacken und Hemdchen wurden zum Trocknen einfach über die restlichen Tische und Stühle verteilt. Sofort beschlugen die Fenster und ein würzig, männlicher Duft erfüllte den Raum. Schnell wurde der Flüssigkeitsverlust durch den Genuss einer kühlen Weißherbst-, bzw. Rieslingschorle ausgeglichen. Die Wartezeit bis zum Essen vertrieben wir uns traditionell mit dem Verzehr unserer mitgebrachten Weihnachtsknabbereien, Nüsschen, Chips und Gummibärchen. Traditionell war uns schon schlecht bevor das Mittagsessen auf dem Tisch stand. Nachdem diverse Saumägen, Leberknödel, Bratwürste und ein Käse den Weg in unsere Verdauungsorgane gefunden hatten, bereiteten wir uns auf die Weiterfahrt vor. Daher wurde zur Stärkung noch rasch ein Glühwein getrunken. Zum einen sollte er Wärme für den bitterkalten Weg ins Tal und zum anderen Mut für den eisglatten Downhill spenden. So gedopt bestiegen wir unsere Bikes und machten uns auf den Weg. War der Fahrweg zunächst noch relativ gut fahrbar, so war der Wanderweg auf den wir in Richtung Benjental abbogen eine wahre Herausforderung. Der einst leichte pulvrige Schnee hatte sich durch konsequentes Zusammentrampeln der Wanderer gepaart mit der überfrierenden Nässe in prächtige Eisfelder verwandelt. Ein ebensolches Feld forderte denn auch von Bernd seinen Tribut. Völlig haltlos schlidderte und rutschte er in einen Graben. Verletzt hatte er sich natürlich nicht. Katzengleich federte er seinen Sturz vor den entzückten Augen der Memmen ab. Die weiße Pracht nahm zum Glück kontinuierlich mit jedem vernichteten Höhenmeter ab. So erreichten wir das Forsthaus Benjental auf nunmehr weichen und nassen Pfaden. Völlig verdreckt betraten wir das Forsthaus und wurden sofort in das Nebenzimmer komplimentiert. Auch hier wurden die klammen Jacken und Leibchen vom Körper gerissen und zum Trocknen weitflächig ausgebreitet. Oli und Steffen zeigten spontan Initiative und holten den ersten Glühwein. Die nächste Lage Schokoherzen, Dominosteine und Spekulatius wurden aus den Rucksäcken geräumt. Schon kurze Zeit später erfüllte lautes Erzählen und Lachen den Raum. Doch schon mahnte die Zeit zum Aufbruch. Es stand jetzt die Königsetappe vom Forsthaus Benjental zur Looganlage auf dem Programm. Schon ca. 500 Meter und 2 Minuten später stürzten die ersten Memmen in die Looganlage hinein und besetzten den größten Tisch. Der nächste Glühwein, die nächsten Weihnachtsleckereien wurden verzehrt. Mittlerweile konnte man eine leichte Wirkung des Glühweins feststellen. Auch breitete sich ein wohliges Völlegefühl aus. Der Kalorienzähler hatte die zehntausender Marke schon längst überschritten. Trotzdem liesen wir die Tour noch mit einer Weinschorle locker ausklingen. Nachdem die letzte Schorle bestellt, serviert und ausgetrunken war machten wir uns bei einbrechender Dunkelheit auf den Weg in Richtung Bahnhof. Die Glühweintour 2009 ging zu Ende – fast auch für Jens. Berauscht durch diverse Alkoholika und gehandicapt durch den kalten Fahrtwind übersah er einen riesigen Felsbrocken am Wegesrand. Mit vollem Tempo jagte er über das Hindernis. Gabel und Dämpfer ächzten unter der plötzlichen Belastung. Den Reifen jedoch ging schlagartig die Puste aus. Diagnose der fachkundigen Memmen: Snakebite vorne und hinten. Jetzt war die Zeit des Schenkens und Tauschens gekommen. Schnell war der alte Ersatzschlauch aus dem Rucksack gezogen und generös dem Pechvogel übergeben. Doch leider ging der Schlauchtausch nicht ohne Komplikationen von statten. Memme Michael verpatzte die Sache. Der an und für sich eher geschickte Helfer riss während des Aufpumpens das Ventil vom maroden Schlauch. Schade, jetzt muss ich mir doch selber einen neuen Schlauch kaufen und kann ihn nicht von Jens finanzieren lassen. Der Ersatz vom Ersatzschlauch zeigte sich in einem noch jämmerlicheren Zustand. Zwar hielt das Ventil dem Aufpumpen stand, aber der Schlauch war ein reiner Flickenteppich. Zu unser aller Überraschung jedoch hielt das Teil das was es sollte, nämlich die Luft. Ein Ersatz für den Vorderreifen war jedoch nicht mehr aufzutreiben. So wurde der Reifen einfach feste aufgepumpt und Jens jagte los. Glücklicherweise befand sich der Bahnhof schon in Sichtweite. Wir erreichten dann doch komplett das Ziel unserer Tour. Die Glühweintour 2009 war endgültig zu Ende.

Was bleibt?

Die Glühweintour verdiente diesmal ihren Namen. Es war wirklich kalt. Die Wege waren zum Teil extrem vereist. Es war wirklich schade, dass sich nicht alle Memmen die Zeit nehmen konnten und arbeiten mussten. Aber es hat auch dieses Jahr wieder tierischen Spaß gemacht. Vielleicht sollten wir im nächsten Jahr die Menge an Knabbereien reduzieren. Ich glaube die Rucksäcke waren prallvoll mit Weihnachtsgebäck.

Und was haben wir gelernt?

  1. Hab immer einen Kettennieter oder Reifenheber dabei
  2. Vergiss niemals deinen Ersatzschlauch
  3. Trage bei Temperaturen um den Gefrierpunkt warme Socken und Funktionsbekleidung
  4. Vermeide Vollbremsungen auf Eis, vor allem in Kurven
  5. Eiskalte Schokolade ist noch lange kein Eiskonfekt
  6. Plane deinen Urlaub mit Bedacht, so dass du auf Terminänderungen reagieren kannst 

Fazit: 

Die Glühweintour 2010 findet wieder statt, der Termin wird im Sommer schon festgelegt und nicht mehr verschoben.

Fotos zur Glühweintour